PZR jetzt als Kassenleistung? Neuausrichtung der Parodontitis Behandlung für GKV Patienten

Sind Sie von Ihrem Zahnarzt schon einmal auf das Thema Parodontits angesprochen worden? Wird der Gesundheitszustand Ihres Zahnfleisches regelmäßig überprüft?

Einen guten Grund dafür gibt es denn  nach der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie  (DMS V) (Jordan & Micheelis 2016) weisen 51 % der jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) in Deutschland eine Parodontalerkrankung auf.  Dies ist auch der Grund warum es in meiner Praxis guter zahnmedizinischer Standard ist, alle zwei Jahre diesen Einschätzung vorzunehmen.

Effekt der umgekehrten Alterspyramide

Deutschland ist ein Land des längeren Lebens und dies hat für die Krankheit Parodontits auch eine wichtige Veränderung gebracht.  Da immer mehr Restzähne im Mund verbleiben, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Zahnfleischerkrankung mit zunehmendem Alter bildet.

Komplexe Erkrankungsursachen

Für mich als Zahnarzt ist die Behandlung einer Parodontits immer eine Herausforderung denn es hat nichts mit dem klassichen Handwerker Modell (Zahnklempner) zu tun. Hier ist eine umfangreiche Abfrage von möglichen Störfaktoren aus dem Umfeld des Patienten (Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme, Rauchgewohnheiten) extrem wichtig für einen Behandlungserfolg.

Die Parodontitis ist neben Karies die zweite große Volkskrankheit, die unbehandelt zu Zahnverlust fortschreiten kann,  verbunden mit Problemen beim Essen und Sprechen.

Ein langer Weg durch die Gremien

Die Behandlung ist schon seit vielen Jahren im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse enthalten (1974) .  Ich erinnere mich noch an den Praxis-Schock, als ich als junger Universitäts-Absolvent feststellen musste, dass das aktuelle Behandlungswissen (Jahr 2000) sich hierin nicht wiederspiegelte.  Es waren ja da bereits schone einige Jahre vergangen.

Das ganz wirkte auf mich wie ein alter Kahn, der sich irgendwie über Wasser hielt. Eigentlich wussten alle Beteiligten (Zahnärzte, Krankenkassen, Politik) wie unzureichend diese Behandlung geregelt war.

Seit 2004 wurde nun um eine Überarbeitung gerungen und  ein Antrag der Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Bewertung neuer Leistungen in der PAR-Therapie im Jahr 2013 setzte dann einen neuen Prozess in Gang.

Jetzt haben sich alle Beteiligten geeignet und zum 1.7.2021 soll diese Neubeschreibung der neue Behandlungsstandard  in Deutschlands Zahnarztpraxen werden.

Was bedeutet dies nun für Sie als Patient?

Die Behandlungsschritte entsprechen endlich dem aktuellen Wissensstand. Es gibt eine finanzielle Entlastung für die Patienten denn bislang mussten PA-Patienten ihre Vorsorge- bzw. Nachsorgeleistungen selbst bezahlen, die dann nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) berechnet wurde. Der Zahnarzt erhält mehr Geld für die Behandlung und kann auch sicher die notwendige Nachbehandlung durchführen.  

 

Was machen wir in der Praxis?

Ich führe schon immer Parodontitis Behandlungen in meiner Praxis durch. Meine Patienten sind froh wenn wir gemeinsam Ihre Zähne erhalten können. Für mich ist diese Behandlung die am meisten „Medizinische“  Behandlung für einen Zahnarzt.  Es ist gut sich damit zu beschäftigen, denn schon lange kennt man die Wechselwirkungen  mit  anderen chronischen Erkrankungen.

Es ärgert mich schon lange, dass häufig nur Bleaching und schöne gerade Zähne durch Zahnärzte beworben werden.

Viel wichtiger ist es, dass auch die Zusammenhänge zwischen parodontalen Erkrankungen und Erkrankungen wie Diabetes und damit die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und Ärzten stärker in den Fokus rücken.  Darin liegen ebenfalls Chancen und Möglichkeiten für die Zahnärzteschaft im Interesse der Patienten. „Zahnmedizin ist Medizin und keine Dentalkosmetik“, das wird mit dieser Richtlinie sehr deutlich. Ich arbeite in einem Schweriner Stadtteil mit einem hohen Altersdurchschnitt und deshalb freue mich, meinen Patienten ein Stück Lebensqualität bis ins hohe Alter erhalten zu können.

Dadurch, dass nach der Behandlung bis zu zwei Jahre eine qualifizierte Nachsorge von der Krankenkasse bezahlt wird, kann meine Frage aus dem Titel mit „Ja“ beantwortet werden. Die PZR als unterstützende Parodontalbehandlung (UPT) ist damit Kassenleistung, wenn diese Parodontitis-Behandlung durchgeführt wurde.

Für den parodontal gesunden Patienten bleibt die PZR weiterhin eine Privatleistung.

Mein Fazit:

Ich bin froh, dass nach Jahrzehnten des Stillstandes endlich neuer Schwung in diesen Bereich gekommen ist.  Da ich in meiner Praxis den Schwerpunkt auf Zahnerhalt setze, kommt uns dies bei der Behandlung der Patienten sehr zu Gute. Durch die finanzielle Entlastung wird hoffentlich auch die Zugangsschwelle für die Patienten sinken. Mein Team und ich werden in den nächsten Wochen unsere Prozesse anpassen. Die neuen  Abrechnungsbestimmungen müssen verstanden werden und dann in neuen Behandlungsabfolgen umgesetzt werden. Ich wünsche, dass  in fünf bis zehn Jahren der Erfolg durch eine  gesenkte Erkrankungslast mit parodontalen Erkrankungen in der Bevölkerung sichtbar wird. Wir freuen uns auf die Umsetzung der neuen Richtlinien und sind froh, dass damit eine bessere Behandlung der Parodontits Patienten möglich wird.



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